"Ich geh." sagt sie, während er langsam das dunkle Brot schneidet. Scheibe häuft sich auf Scheibe, während sie ihren Mantel anlegt. Natürlich den Roten. Den hat sie immer getragen, wenn es draußen regnete. Angeblich sieht man Rot bei jedem Wetter am Besten.
"Warte..." raunt er, doch viel zu leise. Wütend will er mit der Faust auf den Tisch schlagen, doch hält an, bevor seine geballte Fast auf das Schneidebrett mit den Broten knallen kann.
Es ist bereits 12 Uhr, als er das Geschirr abwäscht. Mit der bloßen Hand fährt er über den Tisch, räumt die Brotkrumen weg, packt die Butter wieder sorgfältig in das Papier ein und stellt sie in den Kühlschrank.
Nervös öffnen seine Hände eine Zigarettenschachtel. Die Folie wirft er achtlos in den Zigarettenbecher und geht dann ohne ihn hinaus auf den Balkon.
Langsam vermischt sich die kühle Abendluft mit dem Rauch seiner Zigarette. Ihm ist wohl dabei, auch wenn er den Geruch nie mochte wenn sie sich küssten. Es schmeckte so kalt, wie Metall.
Aus der Ferne hört er leise Musik. Eine Art Swing.
Gelächter dringt an sein Ohr. Es sind die Nachbarn. Zwei Kinder, gute Arbeit, zwei Autos, vage Zukunft.
Sehnsucht kommt in ihm auf. Ein Blick genügt und er sieht sich wieder da unten auf der Straße. Blutend, taumelnd gegen den Laternenpfahl gelehnt.
Dann ihr eindringlicher Ruf. Er dreht sich zu ihr, stürzt und schlägt auf dem Borstein auf.
Eilige Schritte.
Sie dreht ihn vorsichtig zur Seite. Ihr Taschentuch kann kaum Etwas ausrichten, doch Hilfe kommt bald aus dem Nachbarhaus.
Zwei Tage später sitzen sie untem am See im Park. Sie hält seine Hand, er hat ihren Arm vorsichtig um die Schulter gelegt. Alles ist gut.
Nach der vierten Zigarette ist es ihm zuviel. Er wirft die Fünfte, die er grad erst angesteckt hat, hinunter.
Leise schließt er das Balkonfenster. Aus der Nachbarwohnung dringen eindeutig Laute. Seine eigenen nächtlichen Tätigkeiten haben wohl das alte Ehepaar animiert, es nochmal damit zu versuchen. Nach 40 Jahren Ehe.
Bitter lächelt er. 40 Jahre. Solange ist er nicht mal auf dieser Welt. Sie schon gar nicht.
Den Whisky lässt er heute unberührt. Es war nie eine gute Idee, Alkohol im Haus zu haben, wenn man keine Gäste erwartet. Und sie trank nicht mehr als ein Glas Wein.
Da steht auch noch eine Flasche. Ein Roter. Soviel wusste er noch. Hat kaum dran genippt, da waren sie auch schon woanders.
Woanders. Da wird sie jetzt auch sein. Woanders ist gut. Nicht für ihn. Aber es ist gut.
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